Goran Potkonjak – Stein am Rhein
Die Porträtserie Stein am Rhein, 2016, von Goran Potkonjak entstand anlässlich der Ausstellung «Velimir Ilišević. Zwischen Halt und Neubeginn» im Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen 2016/17. Die Fotoserie ist mehr als eine Reihe von Porträts des in der Kleinstadt am Rhein im Kanton Schaffhausen lebenden Künstlers Velimir Ilišević. Es sind einerseits Bildnisse des Freundes und Kollegen Velimir Ilišević, andererseits funktionieren sie auch als Landschaftsbilder und mit der Wahl der Schwarz-Weiss-Fotografie zudem als Stimmungsbilder. Entstanden sind diese bei mehreren Spaziergängen im Frühjahr 2016. Als Hintergrund waren stets der Rhein, die dortige Auenlandschaft sowie die charakteristischen Bauten der Region im Bild.
Haupt-Figur ist Velimir Ilišević; der Zeichner und Maler stammt aus Bosnien, wo er 1965 geboren wurde. Mit 24 Jahren lässt er sich in der nördlichen Schweiz im Kanton Schaffhausen nieder. Verbindet sich seine erste Lebenszeit mit der Sana, ein Fluss im Nordwesten Bosniens, ist seit 1989 der Rhein prägend für sein Leben und die Atmosphäre seiner neuen Heimat. Der Fluss ist immer wieder auch Thema seiner Malerei. Dieses wichtige Thema Iliševićs nimmt Goran Potkonjak mit seiner Fotoserie auf und übersetzt es in die eigene Bildsprache. Der Fluss ist auf etlichen Fotos als Hintergrund und Erzeuger von Stimmungen zu sehen. Die Wasseroberflächen erscheinen je verschieden – mal bewegt, mal ruhig und spiegelnd.
So wie Velimir Ilišević in seinem malerischen Werk immer wieder die Kunstgeschichte zum Thema macht, sich mit den Errungenschaften und der Geschichte der malenden Kollegen vertraut macht, indem er sie selbst erprobt, so sind auch in den Fotografien von Goran Potkonjak Elemente der Fotografie- und Kunstgeschichte zu erkennen: Stein am Rhein – 25. Mai 2016zeigt das nur verschwommen zu erkennende Kopfprofil Velimir Iliševićs, ganz so, als ob er auf Henri Cartier-Bresson, berühmte Sequenz von Fotos anspielte, die dieser von Alberto Giacomettis während der Einrichtung einer Ausstellung im Galerie Maeght 1961 machte. Hier wie dort ist der Künstler zu erkennen, doch schiebt sich zugleich etwas Anderes in den Vordergrund. Der Künstler verschwindet hinter seinem Werk oder, wie im Fall Iliševićs, hebt das Foto zugleich eine Landschaft heraus.
Das gilt auch bei einem weiteren Beispiel aus der Serie: Stein am Rhein – 16. Mai 2016. Der Protagonist stapft durch den Wald. Die Lichtführung ist so gewählt, dass er weitgehend im Dunkel bleibt – hinter ihm ist eine Rodung, die in helles Licht getaucht ist. Die mit Zuversicht und in Zukunftsgläubigkeit schreitende Figur ist in einer anderen Umgebung und doch – sie ist sehr ähnlich der Haltung, wie sie Joseph Beuys einnimmt auf seinem berühmt gewordenen Poster La rivoluzione siamo noi, das er 1972 publizierte.
So verschränken sich die tatsächlichen Absichten und die möglichen Assoziationen im Werk von Goran Potkonjak und Velimir Ilišević.
©Matthias Fischer