Vor einigen Jahren versuchte ich, mich an den Hof meiner Großmutter zu erinnern. Ich brauchte Zeit, um mir alle Gebäude zu vergegenwärtigen, die dazugehörten. Immer wieder kamen mir neue Details in den Sinn. Erinnerungen wurden geweckt, die seit Jahren nicht mehr präsent gewesen waren.
Eine bestimmte Vorstellung vom ehemaligen Bauernhof blieb in meinem Gedächtnis haften. Ich befürchtete, diese Erinnerung an den Hof eines Tages wieder zu verlieren, da es keine Möglichkeit mehr gibt, jemals dorthin zurückzukehren. Der Bauernhof existiert nicht mehr. Anfang der neunziger Jahre, während des Kriegsgeschehens im ehemaligen Jugoslawien, wurde er vollständig niedergebrannt. So entstand die Idee, den Hof fotografisch umzusetzen – so, wie er mir in Erinnerung geblieben ist.
Zuerst schnitt ich kleine Holzkuben zurecht, bemalte sie mit grauer Farbe und stellte sie auf eine ebenfalls grau bemalte Holzplatte. Ich ließ die Sonne eines späten Nachmittags auf das Modell scheinen und machte die ersten Fotografien.
Aus der ursprünglichen Idee, den Hof in Erinnerung zu behalten, entstand plötzlich eine neue Welt. Ich verspürte ein starkes Bedürfnis, den Hof wieder zum Leben zu erwecken. Ich wollte die Häuser neu zusammensetzen und verschiedene Modelle entwickeln.
Durch die Vielfalt der möglichen Kombinationen tauchten neue Fragen auf: Was bedeutet es, ein Haus zu besitzen? Was bedeutet es, eine Heimat zu haben? Was passiert, wenn eines Tages alles verschwindet? Ist es möglich, ein neues Haus zu bauen? Und wird danach jemals wieder alles so sein, wie es war?
Nach den ersten Fotografien machte ich einen weiteren Schritt zurück und konstruierte ein Haus, wie ich es aus meiner Kindheit kannte. Ich versuchte, mit den bereits bemalten Holzteilen stabilere und komplexere Häuser zu bauen. Es entstanden dutzende Modelle in verschiedenen Größen und Formen, die einander ähnelten. Doch mir wurde bald klar: Selbst wenn ich hunderte, ja tausende dieser Häuser bauen könnte – ob Modelle oder tatsächlich bewohnbare Häuser – den Hof meiner Großmutter würde es niemals wieder geben.
Zürich, 24.3.2013
An Attempt to Build a House
A few years ago, I tried to recall my grandmother's farm. It took me some time to picture all the buildings that belonged to it. Again and again, new details came to mind. Memories were stirred that had not been present for years.
One specific image of the former farm stuck in my memory. I feared I might forget this image of the farm again because there is no way to ever return to that place. The farm no longer exists. In the early 1990s, during the war in the former Yugoslavia, it was completely burned down. This gave rise to the idea of a photographic representation of the farm, as I remembered it.
First, I cut small wooden cubes, painted them gray, and placed them on a wooden board also painted gray. I let the late afternoon sun shine on the model and took the first photographs.
From the initial idea of preserving the memory of the farm, a whole new world suddenly emerged. I felt a strong need to bring the farm back to life. I wanted to rearrange the buildings and create different models.
Through the variety of possible combinations, new questions arose: What does it mean to own a house? What does it mean to have a home? What happens when everything is gone one day? Is it possible to build a new house? And will everything ever be the same again?
After the first photographs, I took another step back and constructed a house as I remembered it from my childhood. Using the wooden pieces I had already painted, I tried to build sturdier and more complex houses. This led to dozens of models in different sizes and shapes, all somewhat similar. But I soon realized: Even if I could build hundreds, even thousands of these houses – whether as models or as real, inhabitable homes – my grandmother's farm would never exist again.